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"Goodbye Furth" aus Bulgarien


Magdalena Bracher berichtet

Internationale Schüleraustauschprogramme genießen am Maristen-Gymnasium Furth einen hohen Stellenwert. Wir wollen unsere Schülerinnen und Schüler zu modernen und weltoffenen jungen Menschen erziehen, die es sich auch zutrauen, einmal für einen längeren Zeitraum in einem neuen Kulturkreis zu leben. Alle Folgen gibt's hier zum Nachlesen.

Magdalena berichtet aus Bulgarien

Am 8. September 2023 stieg ich in ein Flugzeug, um für 10 Monate ein Auslandsjahr in Bulgarien zu verbringen. Mittlerweile sind fast fünf dieser Monate vergangen und ich habe schon unglaublich viel erlebt.

Ich wohne mit meiner Gastfamilie in einem typischen Plattenbau in Sofia. Sie ist die Hauptstadt von Bulgarien mit 1,2 Millionen Einwohnern und das ist natürlich ein deutlicher Unterschied zu meinem bisherigen Leben auf dem Dorf. Meine Gastfamilie besteht aus meiner Gastmutter, Gastoma und -opa und außerdem meinen beiden Gastschwestern (10 und 15 Jahre alt). Mit meiner gleichaltrigen Gastschwester unternehme ich oft Sachen am Wochenende, beispielsweise gehen wir ins Kino oder in eines der vielen riesigen Einkaufszentren. Die Weihnachtsferien verbrachte ich mit meiner ganzen Familie in Wien, was super schön war.

Meine kleine Gastschwester geht auch auf dieselbe Schule wie ich, allerdings ist sie in der ersten Schicht, während ich in der zweiten bin. Das heißt, dass sie Unterricht von morgens bis mittags hat und ich von Mittag bis Abend. Da komme ich dann meistens auch erst um 8 Uhr abends heim. Zum Halbjahr wird dann aber gewechselt. Dieses System ist die Lösung für den Raum- und Lehrermangel in Bulgarien. Meine Schule hat sich auf Sprachen spezialisiert und in der achten Klasse lernen die Schüler sehr intensiv Deutsch oder Französisch, ungefähr 20 Stunden pro Woche. Den verpassten Stoff der anderen Fächer müssen sie dann natürlich in der nächsten Klasse nachholen. Meine Klasse lernt Deutsch und viele haben das Ziel, dass C1 - Zertifikat, das sie bei bestandenem Abschluss bekommen, einzusetzen, um in Deutschland zu studieren und zu arbeiten. Ab diesem Jahr wird auch russisch gelernt, allerdings ist das eher unbeliebt. Die Lehrer sind sehr unterschiedlich. Manche haben keinerlei Autorität und die Schüler machen während des Unterrichts was sie wollen (unter anderem gab es auch schon zwei kleine Schlägereien). Es findet sich aber auch das komplette Gegenteil, nämlich Lehrer, die Schüler beleidigen und anschreien und bei denen selbst die guten Schüler in den Abfragen schlechte Noten bekommen. Glücklicherweise sind dort ebenso Lehrkräfte, die gut erklären und die Schüler respektieren und respektiert werden. Die Noten gehen hier übrigens von zwei (schlecht) zu sechs (sehr gut). Mit dem Datenschutz nimmt man es nicht so genau, da die Noten meistens entweder laut vorgelesen werden oder sogar ein Schüler die Tests austeilt. Außerdem stehen die einzelnen Klassen und Schüler im ständigen Wettbewerb, weil es sowohl Klassenrankings und Schülerranglisten gibt und sich somit alle ständig vergleichen. Ich schreibe Tests nur in Deutsch, Biologie (das lernt meine Klasse auf Deutsch) und manchmal Mathe mit. Die Atmosphäre bei Schulaufgaben ist sehr anders als in Deutschland. Fast jeder redet mit seinem Banknachbarn und bespricht die Lösungen. Wenn wir unsere Handys nicht abgeben müssen, wird natürlich auch gegoogelt. Manche Lehrer verlassen auch einfach den Raum während den Tests und dann ist es natürlich mit der Still- und Einzelarbeit vorbei. Ein großer Unterschied ist auch, dass die Schüler ab der siebten Klasse für ihre Bücher selbst bezahlen müssen und zudem für jedes Fach 2 - 5 Bücher haben.

Meine Klasse hat mich sehr lieb aufgenommen und ich wurde vor allem anfangs mit Fragen bombardiert. Mit meinen Freunden aus der Schule spreche ich vor allem Englisch, weil mein Bulgarisch und ihr Deutsch nicht ausreichen, um sich normal zu unterhalten.

Bulgarisch hat große Ähnlichkeiten zum Russischen, vor allem bei den Vokabeln und der Schrift, kyrillisch, die bis auf ein paar Buchstaben gleich ist. Zu Beginn war es deshalb für mich auch sehr schwierig, sich die Vokabeln zu merken, mittlerweile geht das schon deutlich besser und ich verstehe immer mehr. Die Verben bereiten mir die größten Probleme, da es für jedes Verb zwei verschiedene Formen gibt und es für mich schwer zu erkennen ist, wann welche benutzt wird. Meine Gastoma kann nur sehr wenig Englisch und so ist das vor allem meine Motivation, Bulgarisch zu lernen.

Dieses Jahr sind vier Austauschschüler aus Deutschland in Bulgarien und drei von uns leben in Sofia. Dadurch können wir uns oft treffen und das war vor allem am Anfang des Jahres sehr gut, da wir die ersten 4 Wochen nicht zur Schule gehen durften, weil YfU (unsere Austauschorganisation) Schwierigkeiten hatte, Schulen zu finden, die uns aufnehmen. Ich war außerdem noch bei einer anderen Gastmutter, die nur notfallmäßig eingesprungen war, weil die Mitarbeiter von YfU keine Familie für mich gefunden hatte. Meine erste Gastmutter lebte allein in ihrer Wohnung und arbeitete fast den ganzen Tag, wodurch ich sie nur sehr kurz abends und morgens sah. Diese Zeit nutzte ich vor allem damit, Sofia zu entdecken. Jetzt, wo wir alle in die Schule gehen, machen wir am Wochenende oft zusammen Ausflüge in verschiedene bulgarische Städte. Dabei haben wir echt schon sehr viel erlebt. Vor allem die Zugfahrten sind immer ein Erlebnis. Einmal waren wir zum Beispiel in einem alten DB - Zug, bei dem das DB-Logo einfach nur überschrieben wurde. Es gibt allerdings noch viel ältere Züge, in denen es im Winter ungefähr 5-10 Grad hat, natürlich ist der ständige Durchzug aufgrund undichter Fenster im Preis inbegriffen. Zur Ehrenrettung der bulgarischen Bahn sei aber gesagt, dass die Zugfahrten hier ziemlich billig sind (eine Fahrt durch halb Bulgarien kostet umgerechnet 3€).

Sonst mache ich in meiner Freizeit viel Sport, treffe mich mit Freunden und gehe gerne spazieren in dem größten und schönsten Park in Sofia, der sehr nahe bei meiner Wohnung liegt.

Das Essen hier ist auch sehr lecker und es gibt sogar ein nach Bulgarien benanntes Bakterium, mit dem der bulgarische Joghurt und der typische Käse hergestellt werden. Beides gibt es eigentlich immer als Beilage beim Essen, wenn nicht eines davon schon im Gericht drinsteckt. Beispielsweise besteht ein typisches bulgarisches Frühstück aus Banitsa (Teigrollen mit dem besonderen Käse) und Ayran (besagter Joghurt mit Wasser und Salz).

In Bulgarien bezahlt man mit Leva. Da es auch schon seit 2007 zur EU gehört, sollte die Umstellung zum Euro eigentlich schon dieses Jahr kommen, wurde aber immer wieder verschoben und ist jetzt für 2025 geplant. Ein Euro entspricht ungefähr zwei Leva, deswegen muss man Preise einfach nur durch zwei teilen, um den Wert in Euro zu erfahren.

In zwei Wochen ist schon die Hälfte meines Auslandsjahres vorbei und es fällt mir schwer, mir vorzustellen, dass ich einfach wieder in ein Flugzeug steigen werde und in mein altes Leben zurückkehre. Aber natürlich freue ich mich auch schon sehr auf das Wiedersehen mit meiner Familie und meinen Freunden.

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