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„Bildung nicht Google und Co. überlassen“

Schulleiter Christoph Müller, Ursula Schwoerer und Matthias Spanrad nahmen für das MGF am internationalen Symposium in Zug teil.
Schulleiter Christoph Müller, Ursula Schwoerer und Matthias Spanrad nahmen für das MGF am internationalen Symposium in Zug teil.

Schulleiter Christoph Müller und zwei Mitglieder der Erweiterten Schulleitung nahmen am internationalem Bildungs- und Schulleitungssymposium in Zug in der Schweiz teil.

Die Digitalisierung von Lehr- und Lernprozessen, aber auch allgemein die Zukunft des Schulwesens sind zentrale Themen unserer aktuellen Bildungslandschaft. Um sich über aktuelle Tendenzen in diesen Bereichen zu informieren, verbrachten Schulleiter Christoph Müller und zwei Mitglieder der Erweiterten Schulleitung am Maristen-Gymnasium, Ursula Schwoerer und Matthias Spanrad, in der letzten Ferienwoche drei Tage in Zug in der Schweiz. Alle drei nahmen am Internationalen Bildungs- und Schulleitungssymposium der Pädagogischen Hochschule Zug teil, das in diesem Jahr unter dem Motto „Bildung 5.0? Zukunft des Lernens – Zukunft der Schule“ stand.

Während sich die Welt immer rasanter wandelt, muss sich die Bildungslandschaft verstärkt den Vorwurf gefallen lassen, mit dieser Entwicklung nicht schritthalten zu können. Nicht selten stellt sich überdies die Frage, wie die Lehr- und Lernlandschaft gestaltet werden kann, um den Kindern und Jugendlichen gerecht zu werden, die nach Abschluss ihres Schullebens in die digitale Welt entlassen werden. Ein gutes Forum für die zahlreichen Fragen nach der Zukunft von Schule und Bildung bietet dabei das internationale Bildungs- und Schulleitungssymposium in Zug (Schweiz), das alle zwei Jahre vom Institut für Bildungsmanagement und Bildungsökonomie (IBB) der Pädagogischen Hochschule Zug unter der Leitung von Professor Dr. Stephan Huber, einem renommierten Wissenschaftler und Leiter des IBB, veranstaltet wird. Für die MGF-Verantwortlichen stellte das Symposium eine hervorragende Möglichkeit dar, nicht nur auf dem Laufenden zu bleiben in aktuellen Bildungsfragen, „auch können wir hier sehr gut unsere eigene Arbeit am MGF und die Herausforderungen und Fragestellungen, die sich uns stellen, evaluieren“, berichtet Schulleiter Christoph Müller in Zug. Eine große Anzahl von Experten von internationalem Renommee hielten in Zug Vorträge, luden aber auch ein zu Workshops und zum Austausch. „Auch in diesem Jahr konnten wir uns wieder Anregungen holen, wie wir unsere Arbeit in Furth verbessern können, do dass die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen die bestmögliche Bildung und Erziehung erwerben“, ergänzt Müller. „Auch lassen sich hier in Zug hervorragend neue Kontakte knüpfen. Wir schauen dabei bewusst über den Tellerrand Bayerns und Deutschlands hinaus. Bildung kennt in unserer Zeit keine Grenzen – es ist interessant und gewinnbringend, das, was wir in Furth und in Bayern machen, in Bezug zu setzen zu dem, was in Schweden, den USA, Hong Kong oder Australien (Stichwort Hattie-Studie) geforscht, gedacht und an den Schulen umgesetzt wird. Müller: „Ich danke in diesem Zusammenhang ausdrücklich der Schulstiftung der Diözese Regensburg – und zwar dafür, dass die Verantwortlichen im Bistum zusammen mit dem Landkreis Landshut am MGF Rahmenbedingungen schaffen, die es uns ermöglichen, auf diesem Niveau arbeiten zu dürfen.“

Wertvoll waren für die Teilnehmer aus Furth insbesondere die zahlreichen Vorträge von Bildungsexperten aus aller Welt. Etwa von Organisator Professor Stephan Huber selbst: Huber stellte in seiner Begrüßung im Casino-Theater Zug heraus, dass der Wohlstand einer Gesellschaft in hohem Maße vom Bildungsstand abhängig sei. „Deshalb“, so der Professor, „ist es so wichtig, dass wir möglichst viel in Bildung investieren.“ Und auch vor der Digitalisierung dürfe man sich nicht verschließen, warnte Huber weiter. „Jedoch fehlen oft Konzepte zur richtigen Nutzung.“ Sowieso sei es der Umgang mit der Digitalisierung, der hinterfragt werden müsse, so Professor Huber. War es lange – Schlagwort Digitalisierung 4.0 – wichtig, den Umgang mit den Medien an Kinder und Jugendliche weiterzugeben, müsse die Entwicklung nun weitergehen, quasi als Digitalisierung bzw. Bildung 5.0. „Immer wichtiger wird hier die Haltungsfrage, es müssen Werte für den Umgang mit Medien entwickelt werden“, warnte Professor Stephan Huber in Zug.

Ebenso eine Warnung sprach Beat Zemp, Leiter des Dachverbands für Lehrerinnen und Lehrer in der Schweiz, aus. Zemp: „Wir müssen die Digitalisierung zu aller erst schon nutzen, um die Qualität von Bildung zu verbessern.“ So gehe es nicht um das bloßen Hernehmen beispielsweise digitaler Medien, sondern auch darum, dass diese ihren Wert an die Lehrenden und Lernenden weitergeben. Auch warnte Beat Zemp davor, den Anschluss nicht zu verpassen. „So wird ein Drittel der heutigen Erstklässler in Berufen arbeiten, die es heute noch nicht gibt und die vor allem mit der Digitalisierung zusammenhängen.“ Zudem warnte Zemp davor, Bildung zu einem Einheitsbrei verkommen zu lassen. „Bildung“, so sein Credo, „darf nicht Google und Co. überlassen werden.“ – „Dieser Mann hat mich überzeugt“, so OStD Müller: „Offenheit für neue Technologien, Offenheit im Gespräch, ein realistisches Gespür, was geht – und vor allem anderen eine Betonung von Pädagogik, Didaktik, Wissensorientierung im Sinne einer breiten, vertieften und vielseitigen Bildung.“

Eine weitere Warnung, die Digitalisierung nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, sprach Professor Dr. Hans-Günther Rollf von der Technischen Universität Dortmund aus. So leicht wie nie mache es die Digitalisierung, falsche Informationen, „Fakenews“ also, zu verbreiten. Trotzdem warnte Rollf ebenso davor, den nächsten Schritt der Modernisierung aus dem Bildungsbereich außen vor zu lassen. „Wissen muss als neuer Produktionsfaktor gesehen werden – Bildung ist auch der einzige Produktionsfaktor, der sich durch das Teilen vermehren lässt.“ Aber auch Professor Rollf warnte davor, es in Zeiten der Digitalisierung ohne entsprechende Werteerziehung zu versuchen. „Hier müssen neuen Wege gegangen werden.“ Gerade als Schule in kirchlicher Trägerschaft, ergänzt Schulleiter Christoph Müller, sei das ein zentraler Punkt. Die neuen Medien seien sinnvolle Tools, die Partizipation an wissenschaftlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Prozessen ermöglichen – aber eben auch nicht mehr. „Es geht nach wie vor und umso mehr um Persönlichkeitsentwicklung im sich gegenseitig bedingenden Spannungsfeld aus Individualität und Sozialität“, so der OStD.

Als „Welle, die auf die Gesellschaft zurollt“ stellte Professor Dominik Petko, Professor an der City University of Hong Kong, die Digitalisierung dar. Die Frage, die sich hier stellen muss, ist, „was in den Schulen passiert, ob auch hier kein Stein auf dem anderen bleibt?“ Entscheidend werde nach Meinung von Professor Petko sein, dass es nicht um die Quantität gehen werde, „sondern dass die Qualität“ von Lehren und Lernen stimme. „Hier wird sich auch didaktisch etwas ändern muss, wir dürfen nicht alten Wein in neuen Schläuchen verkaufen.“

Abgerundet wurden die vielen Vorträge, etwa auch von Professoren aus Hongkong, Kalifornien oder Melbourne, durch zahlreiche Workshops, die Lehrer, Schulleiter und auch Studenten aus aller Welt in Zug abgehalten hatten. Beispielsweise stellte Monika Schraner Küttel von der Pädagogischen Hochschule Zürich neue Ansätze für den Themenbereich Medien und Informatik vor. Und auch sie stellte heraus, dass es mittlerweile nicht mehr darum gehe, Medien zu nutzen, „sondern diese zum Lernen zu nutzen.“ Und dafür gibt es in der Schweiz bereits sieben Handlungsfelder, die für alle Schüler verpflichtend im Lehrplan stehen. Doch auch europaweit haben sich die Länder auf eine ähnliche Verpflichtung  geeinigt, genannt „digital competence framework for citizens“. In Deutschland wird eine ähnliche Verpflichtung ab dem Schuljahr 2017/18 für alle Neueingeschulten eingeführt, wusste Schraner zu berichten. „Insgesamt wird es wichtig, den Schülern immer mehr aufzuzeigen, was sie im Bezug auf die Digitalisierung schon können.“

Ganz andere Themenstränge befassten sich etwa mit der Wirkungsweise von Erweiterten Schulleitungen, aber auch neuen Ansätzen für Führungspersonen generell. Hier war der Tenor, dass es immer mehr um den Aufbau und die Pflege von Netzwerken gehen wird. Denn erst solche Kooperationen bieten den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, teilzuhaben an der Globalisierung der Internationalisierung, die – bei aller Regionalität – nicht mehr aufzuhalten ist.

Was bedeutet „Educational Leadership“ und wie können Schulen auf dem Weg der Optimierung bestmöglich unterstützt werden?  In einer weiteren Teilkonferenz im englischsprachigen Programm, an der Frau Schwoerer als am MGF zuständige Mitarbeiterin für Internationales teilnahm, referierten unter anderem Prof. Dr. Alma Harris und Michelle Jones von der University of Bath über Perspektiven der Schulverbesserung und die Möglichkeiten, die sich durch die Bildung von übergreifenden Netzwerken ergeben können. Zum ersten Mal in diesem bereits zur Institution gewordenen Symposium gab es in diesem Jahr ein französischsprachiges „Symposium im Symposium“ unter der Leitung von Prof. Dr. Olivier Perrenoud und Daniel Loureiro von der Haute École Pédagogique in Vaud. In diesem als „Atélier de travail“ konzipierten Mini-Symposium berichteten Experten aus der französischsprachigen Schweiz und aus Québec über die Möglichkeit der Weiterentwicklung von Schulleitungskonzepten im Hinblick auf die Einbeziehung von Evaluationstools. Der Begriff der leadership distribué, also der Gedanke, dass Führung auf mehreren Schultern verteilt werden kann und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, wurde diskutiert und empirische Gutachten dazu vorgestellt. 

Eines hat das diesjährige Symposium gezeigt: „Auch international brauchen wir uns mit unserem Konzept und der Art und Weise, wie wir als Kolleginnen und Kollegen Bildung verstehen am MGF, wie wir mit den Schülerinnen und Schülern arbeiten, nicht verstecken – ganz im Gegenteil“, bilanzierte Schulleiter Christoph Müller. Und im Hinblick auf die Digitalisierung gelte, so Müller, folgender Satz aus der OECD-Bildungsstudie 2015, der auch in Zug zitiert wurde: „In the end, technology can amplify great teaching, but great technology cannot replace poor teaching.“

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