Home / AKTUELLES / Bericht-Archiv / Erster Erfolg für die Wissenswerkstatt

Erster Erfolg für die Wissenswerkstatt

Schülerinnen und Schüler gewinnen beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten

Sechs Mittelstufenschüler des Maristen-Gymnasiums haben beim heurigen Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten unter dem Motto „Gott und die Welt – Religion macht Geschichte“ einen Förderpreis erhalten. Die von Anton Hilz im Rahmen der „Wissenswerkstatt“ des Gymnasiums gecoachten Marion Kraft, Niklas Daecke, Tommy Lee Gray, Philipp Grossmann, Thomas Wendl und Dominik Zehnter legten damit für die erst vor einem Jahr ins Leben gerufene Einrichtung einen Traumstart hin. Beschäftigt hatten sie sich bei ihrem Beitrag zum größten historischen Forschungswettbewerb für junge Menschen in Deutschland mit dem „Riesen zu Gottes Füßen“, dem Benefiziaten des Maristen-Klosters Thomas Zimmermann, der nicht nur als Pfarrer, sondern auch als Schriftsteller und politischer Kommentator gewirkt hatte. Gelebt hatte er von 1891 bis 1936, und somit war sein spätes Wirken in die Zeit des Nationalsozialismus gefallen.

Sorgfältig zeichneten die Schüler die Werdegänge Hitlers und des krankhaft riesenwüchsigen Zimmermann in der Schule, im Ersten Weltkrieg und danach auf und verglichen sie. Echte Religiosität und eine religiöse Verbrämung von Judenhass wurden gegenübergestellt, ebenso Zimmermanns Krankheitsbild erörtert. Zimmermann, der als wortgewaltiger Prediger gegolten hatte, publizierte ab 1932 im „Kurier für Niederbayern“ und anderen Regionalzeitungen unter einem Pseudonym. Erstmals äußerte er sich in der Endzeit der Weimarer Republik kritisch über ein Gespräch zwischen von Papen, Hindenburg und Hitler, der seine Kanzlerschaft einforderte und keinesfalls Vizekanzler sein wollte. Scharfsinnig erkannte Zimmermann, „Hitler hat nämlich, [...] die Forderung aufgestellt er müsse für sich dieselbe Stellung erhalten wie Mussolini nach seinem Marsch auf Rom. Das bedeutet praktisch die Diktatur seiner Person, und zwar gestützt auf die große Parteiorganisation, die Hitler sich im Laufe der Jahre geschaffen hat." Kämpferisch fuhr er fort: „Finden sich keine solche Männer, die den Mut haben, mit einem Programm der Einigung hervorzutreten, dann hat niemand das Recht, sich darüber zu beschweren, wenn morgen oder in 14 Tagen […] eine oder minder verhüllte Diktaturregierung sich auftut.“

Wenn Hitler nach dem Mord in Potempa sagte, im NS-Reich würden niemals fünf deutsche Männer wegen eines Polen verurteilt werden, konterte Zimmermann, Mord bleibe Mord. Einen quasi Staatstreich von Reichstagspräsident Göring als Ouvertüre zur Machtübernahme Hitlers kommentierte Zimmermann mit „wir stehen vor einem Trümmerhaufen.“ Angesichts des „Hohns der zivilisierten Menschheit“ müsse allen die Augen geöffnet werden für hartnäckig übersehene bittere Wahrheiten. Der gläubige Zimmermann sah als Ursache, „die Verfassungsfabrikanten von Weimar“ hätten „bewusst auf unseren Herrgott verzichtet.“ Das gelte in der Praxis auch für „seine“ Lieblingspartei, das katholische Zentrum und die Bayerische Volkspartei, die sich von Gott abgewandt hätten. Der SPD hielt er vor, angeblich für eine vollkommene Gerechtigkeit im Staatwesen sorgen zu wollen, aber sich an der Macht „wie ein Geschmeiß hungriger Fliegen an die zahlreichen Futterkrippen“ zu drängen. Noch weniger hielt er von rechten Parteien und der NSDAP.

Der letzte von der Wissenswerkstatt bearbeitete Artikel war am 2. März 1933 nach dem Reichstagsbrand und den darauffolgenden Gesetzen erschienen. Der Brand war für ihn „ein Gericht über all die hässlichen Szenen, die sich dort unter den Vertretern des deutlichen Volkes jahrelang abgespielt haben“ und ein „Sinnbild“: Der mächtige Bau sollte ein Zeichen der Einheit des Volkes sein. Nun loderten aber dort wie im Volke die Flammen des Bürgerkriegs. Gleichzeitig forderte eine Front aller gegen den Bolschewismus. Das Team beschäftigte sich noch mit der zunehmend schlechteren Gesundheit Zimmermanns und dem Verhältnis Hitlers zu den Kirchen und speziell zu den Maristen-Schulbrüdern. Zuletzt interviewten sie eine 1924 geborene Zeitzeugin, die sich sehr gut an Zimmermann hatte erinnern können.

Als Fazit kamen sie zu dem Schluss, Zimmermann habe mit seinen Schriften viele seiner Mitmenschen bewogen, ebenfalls nachzudenken und die die politischen Ereignisse zu hinterfragen. Und wenn heute – wie aktuell in der Türkei – Putschversuche politischen Gegnern in die Schuhe geschoben würden, seien Zimmermanns Warnungen anlässlich des Reichstagsbrands noch keineswegs obsolet. Und auch jeder einzelne hierzulande könne von ihm lernen, sich eine eigene unabhängige Meinung vom politischen Geschehen zu bilden. Die feierliche Überreichung der Urkunden findet im Oktober im Maximilianeum statt.

Text:fi, Foto:sp

zurück
de;maristen-gymnasium;christoph.mueller EM